Mittwoch, 8. September 2010

Die letzte Woche

 Am Sonntag, den 29.08.2010, fahren wir bei ziemlich unfreundlichem Wetter von Brandenburg nach Pritzerbe. Es geht durch den Plauer See, ein ziemlich großes Gewässer (Fläche 6.4 qkm), durch den eine Bundeswasserstraße führt und wir nach langer Zeit mal wieder Frachter sehen. Pritzerbe ist eine der ältesten und kleinsten Städte der Mark Brandenburg. Es gibt ein paar Geschäfte und von mehreren Restaurants hat sich eins über Jahrzehnte dort gehalten. Zum ersten Mal um 1830 als „Zeperniks Hotel“ erwähnt, wurde dieser nach Genehmigung durch Prinz Albrecht von Preußen, einem Bruder von Kaiser Wilhelm I., am 01.Juni 1868 in „Hotel Prinz Albrecht von Preussen“ umbenannt. Im Jahre 1987 wurde das Haus als so genanntes „Westgrundstück“ enteignet. 1990 übernahm Klaus Meyer den Gasthof und gab ihm den Namen „Am Kreuzdamm“. Hervorzuheben sind die prämierten Fischgerichte.
Da es ziemlich stürmisch ist, bleiben wir auch am Montag noch in Pritzerbe.





Hafen Pritzerbe


Am Dienstag, den 31.08.2010, hat das Wetter sich wieder beruhigt und wir fahren ca. 25 km weiter nach Rathenow. Dort gibt es einen Sportbootanleger "Am alten Hafen", wo wir festmachen wollen. Als wir von dem Boot runtergehen, stellen wir fest, dass der Anleger fest in der Hand der Enten ist und entsprechend "beschissen" aussieht. Ich versuche, ein Stück sauber zu machen, aber es hat keinen Zweck, da müsste der ganze Steg geschrubbt werden! Also fahren wir durch die Schleuse zum Wasserwanderstützpunkt Optikpark Rathenow. 
Dort liegt man an einer alten Mühle unmittelbar am Optikpark. Bis zur St. Marien Andreas Kirche und dem ältesten erhaltenen Wohnhaus von 1575 auf dem Kirchberg  sind es ca. 5 Minuten zu Fuß.



Ältestes Wohnhaus in Rathenow 

Dorthin gehen wir gegen Abend, spazieren zum alten Hafen und schauen uns die "Rathenower Schleusenspucker" an. In den 20-er und 30-er Jahren des vorigen Jahrhunderts warteten Tagelöhner am Rathenower Hafen auf anlegende Lastkähne, um sich mit deren Entladung ein paar Mark zu verdienen. Die langen Zeiten des Nichtstuns wurden mit "Klönen" und gelegentlichen Spuckwettbewerben verbracht. Daher nannte sie der Volksmund "Schleusenspucker". 



"Schleusenspucker"


Anschließend geht es noch zum Denkmal des Kurfürsten Friedrich Wilhelm von Brandenburg und an dem schönen Schleusenwärterhäuschen vorbei über die Brücke wieder Richtung Hafen am Optikpark.



Schleusenhaus in Rathenow


Am Mittwoch, den 01.09.2010, frühstücken wir im Café Speicher, danach besichtigen wir den Optikpark. 
Der Optikpark widmet seinen Namen Johann Heinrich August Duncker, der in Rathenow im Jahr 1801 den Grundstock der deutschen optischen Industrie gelegt hat - mit der Patentierung der von ihm erfundenen Linsen-Vielschleifmaschine. 
Die Schwedendamminsel, das ehemalige Gelände der Landesgartenschau wurde im Frühjahr 2007 zum eintrittspflichtigen Optikpark Rathenow. Farbpyramiden mit blühenden Regenbogenstrahlen-Beeten, begehbare Farbräume, ein Optik-Spielplatz für kleine und große Kinder, erholsame Floßfahrten auf einem idyllischen Havel-Altarm, Rosen und Azaleen, ein Rhododendronhain, sowie faszinierende optische Phänomene, ein Feuerwerk aus Blumen und Blüten, vermitteln ein intensives Farb- und Naturerlebnis.
Das weltweit größte und funktionstüchtige Brachymedial-Fernrohr und der höchste Leuchtturm Brandenburgs mit Rathenower Linsentechnik können im Park bestaunt werden.



Brachymedial-Fernrohr


Nach dem Park besichtigen wir noch die Mühle.
Am 30. Juni 1848 erfolge die Grundsteinlegung für den heutigen Mühlenkomplex, der zuerst aus einer Mahlmühle für Roggen und Weizen bestand und später erweitert wurde durch hohe Kornspeicher.
Anlässlich der Landesgartenschau wurde das Areal der Alten Mühle wurde mit großem Aufwand rekonstruiert und stellt jetzt ein neues historisches Wahrzeichen für die Stadt dar. Neben der Musikschule befindet sich eine Außenstelle des Standesamtes Rathenow in der Mühle.

Am Nachmittag gehen wir in die Stadt und Günter findet einen Friseur, der ihm fast ohne Wartezeit die Haare schneidet! 

Am Donnerstag, den 02.09.2010, fahren wir noch 10 km durch eine wunderschöne Landschaft auf der Havel zu unserem Ziel Grütz.


Grütz an der Havel

Es handelt sich um ein ganz kleines Örtchen, den Hafen hatten wir im Internet gefunden und der Preis für die Überwinterung ist angemessen. Es gibt eine der wenigen Wassertankstellen und wir füllten für den Winter den Dieseltank auf. Zu unserer Freude gibt es eine Gaststätte, denn sonst gibt es hier nichts! Leider stellt sich heraus, dass die "Deutsche Küche" nur aus Schnitzel oder Currywurst mit Frites, alles in der Fritteuse zubereitet, besteht. Aber was soll`s. Die Leute sind alle sehr nett und für Freitag, den 03.09.2010, haben wir beschlossen, nach Berlin zur IFA zu fahren. Um 9.30 Uhr fährt ein Bus nach Rathenow, von dort geht die Regionalbahn nach Berlin-Spandau und dann sind es nur noch ein paar Stationen mit der S-Bahn bis Berlin Messe. Alles klappt, wenn auch die Bahn Verspätung hat, was uns ein bisschen nervös macht, denn zur selben Zeit müssen wir am Dienstag nach hause fahren und dann wird es knapp mit dem Anschluss an den ICE. Aber so weit sind wir noch nicht, erst mal lassen wir uns von der Ausstellung in Bann ziehen. Die weltweit größte Messe für Consumer Electronics bietet mit über 1.000 Ausstellern nicht nur viele Services für das angereiste Fachpublikum, sondern organisiert zudem zahlreiche Programmangebote und Events für den Elektronik-Endverbraucher. Insgesamt werden rund 1200 Aussteller aus 32 Ländern erwartet. Wir fangen an bei Haushaltselektronik und schauen uns dann im Bereich TV, Computer, Handys um. Am meisten fasziniert hat uns die neue 3D Technik. Es gab vor Jahren, ich glaube in den 70igern, schon mal etwas 3D mäßiges, aber heute ist die Technik so ausgebaut, dass, schaut man sich einen Film an, man das Gefühl hat, mittendrin zu stehen. Leider muss man, um in den Genuss zu kommen, immer noch eine 3D Brille aufsetzen. Am Nachmittag hatten wir dann genug gesehen und die Füße waren platt und so fuhren wir in unser beschauliches Dörfchen zurück! Die Bahn brachte uns bis Rathenow, dort gingen wir im Restaurant Am Alten Hafen sehr lecker essen und ließen uns dann mit dem Taxi nach Grütz fahren, denn der letzte Bus fährt um 16 Uhr!


Messe Berlin
Am Samstag, den 04.09.2010, lernte ich eine Dame in meinem Alter kennen, die mit ihrer Tochter das Wochenende in dem Ort verbrachte, den sie seit 1970 kennt, da ihr Mann von dort stammte. Ich hatte mit den beiden ein sehr angeregtes Gespräch, das sich am Sonntag, den 05.09.2010, fortsetzte. Mal wieder erfuhr ich aus 1. Hand viel über das Leben in der ehemaligen DDR und es war sehr interessant. Leider mussten die 2 nach hause nach Berlin, vielleicht sieht man sich mal wieder.
Da unsere Vorräte aufgebraucht waren und es wie gesagt in Grütz nichts zu kaufen gibt, aßen wir abends eine (wirklich leckere) Currywurst!
Am Montag, den 06.09.2010, war es dann soweit, Nussi kam aus dem Wasser ins Winterlager. Es war eine spannende Sache und man merkte, es war für den Hafenmeister und seine Leute etwas Besonderes. Unser Schiff ist nicht besonders groß, aber diese Aussage ist wie alles relativ. In Holland gehört Nussi zu den kleinen, wo wir uns die letzten Monate aufgehalten haben, war sie teilweise eine der größten Boote. Einen etwas steilen Hang wurde das Boot über Schienen auf einem Wagen aus dem Wasser gezogen. Oben angelangt kam dann Teil 2, ein Kran zog das Schiff hoch. Der Kran stammt aus DDR Zeiten, was nicht unbedingt schlecht ist, denn von den Maschinen her sind diese Teile "unkaputtbar"! Er war nur nicht unbedingt dafür ausgelegt, Schiff anzuheben und so schaukelte unsere Nussi dann furchterregend durch die Luft. Es folgte Teil 3, der Kran auf Panzerketten fuhr los, um das Schiff auf den vorbereiteten Böcken abzusetzen. Kurz vor dem Ziel (immerhin ca. 50 m) sagte die Elektrik nichts mehr. Nussi schaukelte, der Kran ging nicht nach oben, unten, vorne oder hinten. Überlastung, Sicherungen austauschen ,nichts! Telefonanrufe, keiner zu erreichen! Nach ca. 1/2 Stunde eine Brummen, es tat sich wieder was und Nussi konnte auf die Böcke gestellt werden. Es war für mich Aufregung pur, aber letztlich ist doch alles gut gegangen.
Am Nachmittag fuhren wir in ein 7 km entferntes Dorf, in dem es laut Erzählen der beiden Damen aus Berlin ein Restaurant geben soll, bei dem man beim Betreten meint, die Zeit sei die letzten 20 Jahre stehengeblieben, aber die Küche seit gutbürgerlich. Leider klemmte das Hinterrad von Günter`s Rad und es war für ihn eine beschwerliche Fahrt. Aber die Kneipe war wirklich stark, Einrichtung wie vor zig Jahren, aber das Essen (ich bestellte mir ein typisches "DDR-Gericht" ) wirklich lecker.
Abends tranken wir dann in der Hafen-Gaststätte noch ein paar Bier mit dem Hafenmeister. In der zum Hafen gehörenden Pension übernachteten wir und frühstückten am nächsten Morgen, Dienstag, den 07.09.2010, in der Gaststätte (ganz ohne Frittiertes!)
Um 9.30 kam unser Bus und brachte uns zur Regionalbahn in Rathenow. Von dort ging es pünktlich nach Berlin-Spandau, wo wir ohne Verspätung ankamen und in Ruhe in den ICE nach Köln umsteigen konnten. Nach einer etwas nervigen Fahrt (manche Menschen meinen, sie seien allein auf der Welt und unterhalten stundenlang ihre Mitmenschen mit Sachen, die diese nicht im Geringsten interessieren) kamen wir fast pünktlich in Köln an.

Am Montag, den 10.05.2010 sind wir losgefahren, nach nun 4 Monaten sind wir wieder zu hause.
Es war eine wunderschöne Zeit, wir haben unheimlich viel gesehen, nette Leute getroffen und auch viel gelernt. Der Osten Deutschlands war uns komplett fremd und man kannte alles nur vom Hörensagen. Wir kennen nun auch nicht viel, aber was wir kennengelernt haben, hat uns begeistert, das bezieht sich auf die Landschaft, aber vor allem auch auf die Menschen, die alles, nur keine "blöden Ossis" sind.
Es war so schön, dass wir uns entschlossen haben, nächstes Jahr wiederzukommen und dann Mecklenburg-Vorpommern kennenzulernen.
Mitte bis Ende Mai wird es losgehen und es würde mich freuen, wenn uns der eine oder andere Leser dann wieder begleiten würde.
Alles Gute!