Samstag, 28. August 2010

Ketzin und Brandenburg an der Havel

Am Dienstag, den 24.08.2010, fahren wir von Weder nach Ketzin, ein kleines Örtchen an der Havel. Der Ort wurde im Jahre 1197 erstmals urkundlich erwähnt. Ein Spaziergang durch die im südöstlichen Teil der Stadt gelegenen engen verwinkelten Gassen des "Fischerviertels" charakterisiert die historische Bedeutung der Stadt - ein Ort der Fischer. Am Abend essen wir im urigen Biergarten des Restaurants Am Markt sehr leckeres Zanderfilet.


Seesportclub in Ketzin
Am Donnerstag, den 26.08.2010, stürmt es nicht mehr, dafür regnet es! Da die Zeit nun doch so langsam etwas knapp wird, fahren wir trotzdem weiter und haben Glück. Es ist zwar stark bedeckt, aber trocken. Selbst als wir sofort in die Vorstadtschleuse Brandenburg einfahren können, regnet es nicht und wir schaffen es auch noch, am Wasserwanderrastplatz Am Slawendorf festzumachen, bevor dann doch wieder der Himmel die Schleusen öffnet.
Am Abend gehen wir im Schweineschnäutzchen gut bürgerlich essen.
Der Sommer ist vorbei, am Freitag, den 27.08.2010, regnet es immer wieder und so wollen wir mal wieder was für die Bildung tun und das Industriemuseum in Brandenburg besuchen. Das Industriemuseum hat die Erhaltung, die Pflege und Präsentation des Siemens-Martin-Ofens in den Mittelpunkt der Museumsarbeit gestellt. Das Technische Denkmal Siemens-Martin-Ofen ist ein Monument der Industriegeschichte und hat über 100 Jahre die Stahlherstellung geprägt. Der Denkmalbereich umfasst den Siemens-Martin-Ofen mit den dazugehörigen Anlagen zum Beschicken, Schmelzen und Gießen, die in der Gießhalle, auf der Ofenbühne und im Unterofenbereich besichtigt werden können. Die Museumsmitarbeiter sind übrigens ehemalige Stahl- und Walzwerker/innen, die bei den Führungen nicht nur die technologischen Abläufe erläutern können, sondern in den Gesprächen auch über persönliche Erlebnisse und den Arbeits- und Lebensbedingungen im ehemaligen Stahl- und Walzwerk Brandenburg berichten und gerne alle Fragen beantworten. Mir war die Halle mit dem riesigen Ofen, den Gießanlagen, riesigen Kranhaken usw. richtig unheimlich, die Vorstellung, dort arbeiten zu müssen, war mir unbehaglich. Trotzdem war der Museumsbesuch hochinteressant, zum Schluss konnte man sich noch eine vollständig eingerichtete Werkswohnung aus den 60iger Jahren angucken. Auch sehr gut gefallen hat mir die Ausstellung "Brennabor" obwohl ich den Namen vorher nie gehört hatte. Mit dem Namen Brennabor verbindet sich wohl der bedeutendste Teil Industriegeschichte der Stadt Brandenburg an der Havel. Im Jahre 1871 gründeten die Brüder Adolf, Herrmann und Carl Reichstein eine Fabrik zur Herstellung von handgeflochtenen Korb- und Kinderwagen. 1896 fertigten 1.800 Mitarbeiter jährlich ca. 75.000 Kinderwagen an. Damit war das Werk der größte Kinderwagenhersteller in Europa und hielt diese Stellung bis in die 1930er Jahre. 1882 begann die Fahrradherstellung. 1902 begann die Serienfertigung von Motorrädern und 1903 entstand das erste Automobil aus dem Hause Brennabor. Es gibt Fahrräder, tolle Autos und wunderschöne Kinderwagen im Original zu sehen, ein Glück, dass es Leute gibt, die nicht alles wegwerfen!
Mit der Straßenbahn fuhren wir zurück bis zum Neustädtischen Markt, wo ein riesiges Einkaufszentrum ähnlich den Köln Arkaden hingesetzt wurde. Dort bummelten wir etwas durch und tranken einen Cappuccino.
Brandenburg mit ca. 72.000 Einwohnern hat einerseits sehr schöne alte Häuser und Sehenswürdigkeiten, andererseits aber auch viel Verfall, einerseits wirkt es wie eine kleine Stadt, andererseits kommt man sich vor wie auf einem Dorf.



Im Industriemuseum in Brandenburg an der Havel

Am Samstag, den 28.08.2010, ist das Wetter wieder besser und wir spazieren zum Dom, eine wunderschöne evangelische Kirche. Er ist das erste, vollständig in unverblendetem Backstein ausgeführte Bauwerk der Mark Brandenburg. 1165 wurde der Grundstein für den Dom St. Peter und Paul gelegt. Noch heute wird die Dominsel durch das Gebäudeensemble aus Dom, Klausur, Kurien und Nebengebäuden geprägt. Die Mauern und eng aneinander stehenden Häuser grenzen den Dombezirk von seiner Umgebung ab, wunderschön anzusehen. Auch das Innere der Kirche ist mehr als sehenswert.
Nach dieser Besichtigung spazieren wir zum Neustädter Markt, um dort im Einkaufszentrum noch etwas zu besorgen. Auf dem Nachhauseweg kommen wir am Fritze Bollmann Brunnen vorbei. Johann Friedrich Andreas Bollmann, genannt Fritze Bollmann, war ein Barbier in Brandenburg, der unfreiwillig von seiner Umgebung zum Original gemacht wurde. Beim Angeln im Domstreng, einem Flussarm der Havel an der Dominsel, stürzte Bollmann aus dem Kahn, was er seinen Kunden erzählte. Daraufhin dichteten die Kinder, die ihn ohnehin ärgerten, ein Spottlied auf ihn.
Fritze Bollmann Brunnen
Ja da liegt een Äppelkahn,
und darin sitzt Fritze Bollmann
mit seinem Angelkram.
Fritze Bollmann wollte angeln,
doch die Angel fiel ihm rin,
Fritze wollt se' wieder langen,
doch da fiel er selber rin.
Fritze Bollmann rief um Hilfe,
liebe Leute rettet mir,
denn ick bin ja Fritze Bollmann,
aus der Altstadt der Barbier.
Und die Angel ward jerettet,
Fritze Bollmann, der ersoff,
und seitdem jeht Fritze Bollmann
uff’n Beetzsee nich mehr ruff.
Fritze Bollmann kam in’n Himmel:
„Lieber Petrus laß mir durch,
denn ick bin ja Fritze Bollmann,
der Barbier aus Brandenburg.“
Und der Petrus ließ sich rühren
und der Petrus ließ ihn rin
hier jibts och wat zu balbieren,
Komm mal her, und seif mir in.”
Fritze Bollmann, der balbierte,
Petrus schrie: „Oh' Schreck und Graus,
tust mir schändlich massakrieren,
Det hält ja keen Deubel aus.“
„Uff' de jroße Himmelsleiter
kannste widder runter jehn,
kratze Du man unten weiter,
Ick laß mir’n Vollbart stehn.“
Der Dom in Brandenburg
Briefkasten auf der Hauptstraße in Brandenburg